In geschlossenen Gebetsräumen die als solche in Funktion sind, egal welcher Glaubensrichtung, zu fotografieren kostet mich immer wieder große Überwindung. Auch wenn ich der Lehre, derentwegen sie erschaffen wurden, nicht zu folgen vermag, verlangen sie mir Respekt ab für die ’geschützte‘ Atmosphäre, auf die Menschen die hierher kommen einen, wie ich finde berechtigten, Anspruch haben. Gleichzeitig beeindrucken sie mich meist in ihrer Ausgewogenheit und manchmal stoßen sie mich ab in ihrer prunkstrotzenden Überladenheit. Islamische Architektur habe ich diesbezüglich bisher meist anders erlebt. Die Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul, im deutschsprachigen Europa auch als ‚Blaue Moschee‘ bekannt wegen ihrer ursprünglichen dominanten Farbe des Fayencendekors und der Glasfenster nimmt für mich eine Sonderstellung ein. Wenn man dieses imposante Gebäude betritt fallen zu allererst die überwältigenden Dimensionen und die ausgetüftelte Konstruktion mit ihren gestaffelten Apsen und Nebenkuppeln auf. Die raffinierte Anordnung der Fenster lässt viel Licht in den riesigen zentralen Kuppelraum und nimmt ihm seine Schwere. Allein schon die Maße der unter die Kuppel gehängten Konstruktion zur Beleuchtung des Raumes sind beachtlich.
Dass dieses Gebäude nun schon über vier Jahrhunderte in einem ziemlich extrem erdbebengefährdeten Gebiet als eines der wenigen weitestgehend unbeschadet überstanden hat, spricht für eine ebenso solide wie kenntnisreiche Konstruktion und Ausführung. Eine in vielerlei Hinsicht beachtliche Leistung. Für jeden Istanbulbesucher ein ’must have seen‘ ganz oben auf der Liste der zu besichtigenden Ziele.
Dennoch ’zog‘ mich nichts, im Inneren meine Kamera auszupacken. Im Nachhinein habe ich mich mehrmals gefragt, woran das gelegen haben mag. Immer wieder bin ich zum gleichen Ergebnis gekommen: eine für mich selbst kaum rational zu erklärende Unstimmigkeit zwischen Dekor und Architektur?
Nach der Besichtigung zog ich es jedenfalls vor, die Moschee für mich von außen zu ’erforschen‘ an einem der relativ wenigen Tage mit dichter Wolkendecke ohne absehbarer Aussicht auf klares, kräftiges Sonnenlicht. Für mich stellte sich das als ’Glücksfall‘ heraus, denn nur so gelang es, aus einem sehr bewusst gewählten Blickwinkel die Bildstruktur mithilfe des gleichmäßigen weichen Lichts ’herauszuschälen‘, und gegen das Goldgelb als einziges ’buntes‘ Element zu kontrastieren.
Der fast perfekte Viertelkreisbogen der zentral ins Bild gerückten Kuppel drängte mir eine Vierfachspiegelung für mein Darpanagram und damit den Kreis als die ’perfekte‘ oder auch ’göttliche‘ Urform unmittelbar auf. Das quadratische Viereck, das den Kreis harmonisch umschließt, ebenso wie es vom Kreis harmonisch umschlossen wird ist hier schon im Bildformat vorgegeben und findet sich mehrfach als Symbol für das ’alles Umspannende‘, die vier Weltdimensionen und die vier Mondphasen im sich rhytmisch wiederholenden Zeitlauf wieder. Das um 45 Winkelgrade versetzte ’Doppelquadrat‘ bildet sich im achtstrahligen Stern ab und steht für Unendlichkeit/Ewigkeit, also Fortdauer und Erfüllung.
Schreibe einen Kommentar