Optische Linse und menschliches Auge

Gastgartenbepflanzung

Scharf, unscharf und Tiefenschärfe

Heute muss ich auf einen grundlegenden Unterschied zwischen dem menschlichen Auge und einer ‘fototechnischen Abbildungsapparatur‘ zu sprechen kommen. Das ‘Objektiv‘ einer Kamera ist alles Mögliche, nur gewiss nicht ’objektiv‘!

Zwar ist das, was eine optische Linse aus Glas auf einer Projektionsfläche abbildet nach wissenschaftlichen Prinzipien erklärbar, nachvollziehbar und wiederholbar. Im Gegensatz zum menschlichen Auge aber ist das Objektiv eben eine technische Apparatur und kein lebendiges Organ.

Den Unterschied an Abbildungsqualität kann man sehr gut an dem Begriff der Abbildungsschärfe verdeutlichen: Unsere Augen senden Reizsignale an unser Gehirn, die dieses über unser gesamtes Sehfeld zu einem scharfen Bild zusammenfügt und vermittelt.

Mechano-optische Gesetzmäßigkeiten zur gezielten Steuerung der Bildschärfe

Die optische Linse des Fotoapparats kann aus technischen Gründen lediglich eine Ebene in der dreidimensionalen Bildvorlage unserer ’Wirklichkeit‘ so abbilden, dass wir sie als ‘scharf‘ erkennen. Was wir mit gesunden Augen als gerade noch ‘scharf‘ abgebildet tolerieren und was wir als schon ’unscharf‘ erkennen, ist inzwischen zwar gut begründet, technisch-wissenschaftlich beschrieben und definiert, den Begriff der Tiefenschärfe, die sich durch die Wahl der Linsenblende (lichtdurchlässiger Querschnitt der optischen Linse) vom Fotografierenden beeinflussen und zur – künstlerischen – Bildgestaltung nutzen lässt, kannte unsere Sprache vor der Erfindung der Fotografie jedoch nicht. (Die optisch-technischen Gesetzmäßigkeiten und komplexen Zusammenhänge stelle ich hier aus Platzgründen nicht dar, sind aber bei Interesse leicht über verlässliche Quellen zu recherchieren).

Hier interessieren lediglich die gestalterischen Möglichkeiten, die sich aus diesen Unterschieden zwischen menschlichem Sehen und fotografischem Abbilden ergeben.

Aufmerksamkeit lenken

Durch den gekonnten Umgang mit dem Gestaltungsmittel der Schärfe und Tiefenschärfe und der Wahl des für die Absicht ’richtigen‘ Objektivs und Nutzung dessen spezifischer Abbildungsqualitäten (Bokeh) verfügt die/der Fotografierende über ein weites Feld an Möglichkeiten, im Bild ’Wesentliches‘ von ’Unwesentlichem‘ optisch zu trennen, was unser Gehirn in der Wahrnehmung ’nur‘ durch Konzentration und Selektion erreichen kann.

Diesen gravierenden Unterschied zwischen sehen und fotografisch abbilden werde ich in zukünftigen Beiträgen detaillierter thematisieren.

Tiefenschärfe als Gestaltungsmittel

Gedanklich mit ganz anderen Dingen beschäftigt erregte unerwartet ein am Rand meines Gesichtsfelds erfasste Situation plötzlich meine Aufmerksamkeit. Mitten in der “Steinwüste“ der Großstadt  erstrahlte mir unvermittelt die Blüte einer Topfpflanze im Gegenlicht der späten Nachmittagssonne. Ich musste kurz inne halten, um diese hart zu den Häuserfronten kontrastierende Formen- und Farbenpracht zu bewundern und im selben Augenblick hatte sich in meinem Kopf die Gewissheit verankert, daraus ein Darpanagram entwickeln zu müssen!

Was für ein Glück, dass ich völlig grund- und absichtslos meine Kamera dabei hatte. Mit Hilfe eines mittelstarken Teleobjektivs konnte ich die Blume aus ihrer wenig attraktiven Umgebung ‘isolieren‘.


Kommentare

2 Antworten zu „Optische Linse und menschliches Auge“

  1. Avatar von Heinz Froelian
    Heinz Froelian

    Diese Diskussion mit der Abbildung und Wahrnehmung hatte ich auch schon in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Gesprächspartnern. So schön/verständlich konnte ich es aber nicht ausdrücken bzw kurz auf den Punkt bringen. Ich bin auf die nächsten Beiträge zu diesem Thema gespannt.

  2. Hallo Heinz,
    danke für Deinen Kommentar. Ich freue mich, wenn ich ein wenig für Klarheit sorgen kann.
    Die gründe dafür kenne ich nicht aber nach meiner Erfahrung wird dieses so wichtige Thema auch während der Ausbildung zu den Berufsfeldern der visuellen Kommunikation meist ziemlich stiefmütterlich behandelt und der intrinsischen Motivation der Student/innen überlassen.
    Das Ergebnis solcher Unterlassungen ist m. E. am Umgang der erwachsenen Bevölkerung mit (visuellen) Webinhalten klar abzulesen. Auch ich führe solche Diskussionen immer mal wieder und stoße damit auch immer mal wieder auf Unverständnis bis hin zu Desinteresse. Für mich ist das eher Antrieb, weiter zu machen … und (intrinsische?) Motivation für meine künstlerische Arbeit.

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