WienMuseum
Anfang Juni war es schon ungewöhnlich warm und aus allen Ritzen quoll die pralle Lebenslust des Frühlings. Natürlich war zu dieser Jahreszeit die touristische Hochsaison schon in vollem Gange und entsprechend viele Menschen aus aller Herren Länder waren in der Stadt unterwegs. Gegen Ende eines langen Tags mit vollem Programm erreichte ich das WienMuseum in Sichtweite der weltberühmten Karlskirche.
Auf dem Weg zur nahen U-Bahn-Station wollte ich noch ein paar Infos einholen, um mich abends auf den Museumsbesuch am nächsten Tag vorzubereiten. Ich betrat das Gebäude nach vielen Jahren und zum ersten Mal nach der Wiedereröffnung und Erweiterung, gönnte mir eine kurze Pause im großzügigen Foyer des noch gut besuchten Museums. Zurückgezogen in einer einigermaßen ruhigen Ecke setzte ich mich und schloss für eine Weile meine Augen. Bis heute weiß ich nicht, wie lange ich so saß.
Als ich die Augen wieder öffnete war das Foyer beinahe menschenleer. Die späte Nachmittagssonne schien flach durch die getönte Glasfassade und projizierte ein Muster auf den Boden der Halle, das mich sofort zu meiner Kamera greifen ließ.
Gedanken-Welt und Bilder-Welt
Nach vielen Jahren fotografischer Arbeit bin ich kaum noch an Bildern interessiert, die ich als ’touristische Trophäenfotos‘ kategorisiere. Im Hintergrund meiner Gedankenwelt beschäftige ich mich oft mit Fragen der Ästhetik, mit Licht und Schatten und wie sie uns die sichtbare, physische Welt erscheinen lassen, mit Fragen von Bildkomposition in der Fläche und der mir immer zweifelhafter erscheinenden Glaubwürdigkeit ’dokumentarischer‘ Fotografie. Hier hatte ich völlig unerwartet ein mir geradezu ideal erscheinendes Beispiel vor Augen, das mehrere meiner Fragen in einem Bild veranschaulicht. Ich brauchte meinen Standort nur geringfügig verändern und einen günstigen Augenblick abwarten, um das Ausgangsbild für dieses Darpanagram aufzunehmen.
Bildelemente und ihr Zusammenspiel
Nichts in dem Bild selbst lässt vermuten, dass es inmitten einer quirligen Großstadt an einem geschäftigen Wochentag entstanden ist. Seine kompositorische Qualität und Spannung bezieht das Bild einzig durch die sehr bewusst getroffene Wahl der Begrenzung, der durch die augenblicklichen Lichtverhältnisse möglichen, fast monochromen Beschränkung der Farbpalette und der vor allem grafischen Beziehung der minimalistischen Möblierung zur Struktur der Architektur und deren Schattenwurf in den Raum.
Kopfgeburt
Damit hatte ich sämtliche ’Zutaten‘ beisammen, die spontan ein Darpanagram in meiner Vorstellung entstehen ließen. Nach der Rückkehr in mein Arbeitszimmer musste ich das ’nur noch’ als reales Bild ‘zur Welt bringen‘.

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