Historische Fakten oder geschichtliches Narrativ

Gur-Emir-Mausoleum

Archäologie als Teil wissenschaftlicher Geschichtsforschung

Unabhängig davon wo ich – als ’Bildungstourist‘ und interessierter Laie, professioneller Fotograf oder Künstler – auf unserer Erde unterwegs bin, gehört es für mich dazu, mich auch über die Vorgeschichte der Region zu informieren und vor Ort mit den erhaltenen, wiederentdeckten oder restaurierten Artefakten zu konfrontieren.

Glücklicherweise gibt es nicht nur seit tausenden von Jahren Geschichtsschreibung sondern hoch qualifizierte Fachleute, die daran Arbeiten ’Beweismittel‘ aller Art zu bewahren, aufzuspüren, zu systematisieren und zueinander in (möglichst sinnhafte) Beziehung zu setzen.

Dennoch ist und bleibt unser historisches Wissen sehr lückenhaft, oft sind Spekulationen und Interpretationen interessengesteuert und somit fragwürdig.

Historische Rekonstruktionen als touristisches Marketing

Das vergleichsweise junge Usbekistan als eigenständiger Staat braucht, wie jede Nation ’Identifikationsobjekte‘.

Der sich auf seine Herkunft aus der Familie des Dschingis Khan berufende Timur Leng war im letzten Drittel des 14. Jh. der Herrscher eines zentralasiatischen Riesenreiches, das vom heutigen Nordwestindien bis in die Osttürkei reichte. Nach heutigem Kenntnisstand scheint Tamerlan, wie er auch genannt wird, einerseits ein brutal machorientierter Eroberer gewesen zu sein, als auch ein höchst gebildeter Mann, der großen Wert auf die Förderung von Kunst, Literatur und Wissenschaft gelegt hat und es verstand, sich mit den bedeutendsten Intellektuellen seiner Zeit zu umgeben.

Als er kurz nach der Jahrhundertwende auf ungeklärte Weise wohl recht überraschend starb, wurde er in Samarkand in einem Gebäude, das von ihm zu anderen Zwecken veranlasst war, ziemlich prunkvoll beigesetzt.

Nach dem alsbald einsetzenden Zerfall seines Reiches geriet sowohl er selbst als auch seine herrschaftlichen Bauwerke in Vergessenheit und verfielen zunehmend.

Erst im 19. Jh. wurden die Fundamente des Mausoleums und neben dem Sarkophag einige weitere Artefakte archäologisch gesichert.

Was wir heute als überwältigenden Prunkbau  bestaunen können, ist eine Rekonstruktion, die auf nur wenigen historisch gesicherten Erkenntnissen beruht und insbesondere die Innenausstattung und das Dekor des Grabmals muss man zwar als sehr gelungen anerkennen, hat aber mit dem Original vermutlich wenig bis gar nichts zu tun.

Kein ’Original‘, dennoch ein Kunstwerk

Trotz aller historischer Vorbehalte ist mit dem Wideraufbau etwas wirklich Großartiges gelungen, das auch mit seiner offensichtlich sehr gezielten und gekonnten Lichtführung jedes Jahr tausende Touristen anlockt und ungezählte Male von allen nur denkbaren Blickwinkeln aus fotografiert wird.
Auch ich war und bin immer noch fasziniert von diesem Bauwerk und dankbar für die vielen unterschiedlichsten Möglichkeiten, aus den Bildern, die ich nach Hause brachte, Darpanagramme  zu entwickeln.


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